Personalisierte Ernährung: Zukunft der Gesundheit?
Ist die die personalisierte Ernährung die Zukunft der Gesundheit? Zunehmend wird sie gefragter, um individuelle Bedürfnisse und die Gesundheit unter einen Hut zu kriegen. Apps und Tracking-Tools können dabei helfen, die eigene Ernährung zu optimieren. Allerdings ist das Angebot noch ausbaufähig. Diese Technologien können die persönliche Ernährungskompetenz erhöhen und die Möglichkeiten der personalisierten Ernährung erweitern. Warum eine professionelle Ernährungsberatung durch eine qualifizierte Fachkraft dennoch unerlässlich ist und das vermutlich auch noch lange so bleiben wird, erfährst du in diesem Beitrag.
1. Was bedeutet eine personalisierte Ernährung?
Die Idee, die Ernährung auf die individuellen Bedürfnisse und Voraussetzungen einer Person abzustimmen, hat ihren Ursprung in der Ernährungstherapie. Hierbei geht es darum, Menschen, die aufgrund von Krankheiten oder anderen gesundheitlichen Einschränkungen eine spezielle Ernährung benötigen, individuell beraten zu können. Seit über hundert Jahren gibt es den Beruf der Diätassistenz, die sich genau darauf spezialisiert hat. Die Diätassistenten sind ausgebildete Experten, die medizinische Diagnosen in ernährungstherapeutische Konzepte umsetzen können. Sie sorgen dafür, dass die Betroffenen die für ihr Krankheitsbild passenden Lebensmittel essen.
Im Laufe der Zeit hat sich das Konzept der personalisierten Ernährung jedoch erweitert und geht heute weit über die Ernährungstherapie hinaus. Es geht um die Idee, dass jeder Mensch seine Ernährung auf seine individuellen Bedürfnisse und Voraussetzungen abstimmen kann und vielleicht auch sollte, um gesund zu bleiben oder zu werden. Deshalb findet man heute auch viele Apps und Tracking-Tools, die einem dabei helfen können, die eigene Ernährung zu optimieren.
Allerdings bleibt das Angebot für personalisierte Ernährungsberatung noch weit hinter den Erwartungen zurück. Es gibt viele Möglichkeiten, die Ernährung individuell abzustimmen, aber viele Menschen wissen nicht, welche Möglichkeiten es gibt oder welche App oder welches Tool für sie am besten geeignet ist. Das kann sehr frustrierend sein und dazu führen, dass man am Ende gar nichts tut oder sein Geld für überteuerte und nutzlose Produkte ausgibt.
1.1 Die Zukunft: Smarte Technologien und integrierte Ansätze
Doch es gibt Hoffnung: Smarte Technologien haben das Potenzial, die persönliche Ernährungskompetenz zu erhöhen und die Möglichkeiten der personalisierten Ernährung weiter auszubauen. Es gibt bereits einige vielversprechende Ansätze, die zeigen, wie die Digitalisierung genutzt werden kann, um die Ernährung individueller und effektiver zu gestalten.
Um die personalisierte Ernährung weiterzuentwickeln, ist es sinnvoll, die therapeutischen Ansätze aus der Pathogenese (=Krankheitslehre) mit den Chancen der Salutogenese (=Gesundheitslehre) und der Digitalisierung zu verbinden. Die Pathogenese betrachtet die Ernährung rein medizinisch aus einem pathogenetischen Ansatz heraus, während die Salutogenese Ernährung unter sozialen, ökonomischen und ökologischen Gesichtspunkten betrachtet. Die Kombination dieser beiden Ansätze mit der Digitalisierung kann dazu beitragen, die personalisierte Ernährung weiter zu verbessern und für jeden zugänglich zu machen.
2. Die vielen Faktoren der personalisierten Ernährung

Die personalisierte Ernährung ist ein ganzheitlicher Ansatz, um die individuelle Gesundheit zu verbessern. Dabei können und müssen auch viele verschiedene Faktoren berücksichtigt werden, die die Ernährung eines Menschen beeinflussen. Darunter zählen zum Beispiel die persönlichen Lebensumstände, die Anthropometrie, klinische Parameter, das Metabolom, die Epigenetik und die Genetik sowie das Mikrobiom.
2.1 Persönliche Lebensumstände
Die persönlichen Lebensumstände sind sehr individuell und werden durch verschiedene Faktoren wie die Lebensart, die Berufstätigkeit, die körperliche Aktivität, die Lebensmittelpräferenzen und die kulturellen Hintergründe bestimmt. Diese Faktoren geben wichtige Hinweise darauf, wie sich eine personalisierte Ernährung gestalten und in den Lebensalltag einer Person integrieren lässt.
2.2 Anthropometrie
Die Anthropometrie bezieht sich auf die Körpermaße eines Menschen wie Gewicht, Größe und dem daraus berechneten Body-Mass-Index (BMI). Dazu kommen weitere Parameter wie die Messung der Körperzusammensetzung und der Fettverteilung, also dem Waist-to-Hip-Ratio (WHR). Zusammen können sie den Ernährungszustand einer Person beschreiben. Die Infos der persönlichen Lebensumstände und der Anthropometrie erlauben bereits eine Abschätzung des individuellen Risikos, Krankheiten wie Herz-Kreislauf-Erkrankungen oder Stoffwechselerkrankungen zu entwickeln.
2.3 Klinische Parameter
Klinische Parameter ermöglichen eine weitere Individualisierung der Ernährungsempfehlungen. Dazu gehören die Messung des Blutdrucks, des Blutzuckers oder der Blutfettwerte. Klinische Daten geben zunächst nur eine Momentaufnahme wieder, aber über bspw. Langzeitmessungen können Rückschlüsse darauf gezogen werden, wie der Körper auf die Nahrungszufuhr reagiert.
2.4 Metabolom
Das Metabolom beschreibt komplexe Stoffwechselinteraktionen im Körper und liefert genauere Einblicke in den Stoffwechsel als klinische Parameter das tun. Es werden Daten aus Urin, Blut, Speichel und Schweiß gewonnen, um konkrete Maßnahmen zur Gesundheitsförderung abzuleiten.
2.5 Genetik und Epigenetik
Eine nächste tiefere Personalisierung kann über die Berücksichtigung von Epigenetik und Genetik stattfinden. Das ist dann fast schon die „Krone der Schöpfung“. Beide interagieren miteinander und beeinflussen den Stoffwechsel maßgeblich. Dabei ist die Epigenetik ein Regulationsmechanismus, der steuert, welche Gene aktiviert oder deaktiviert werden. Bislang ist es aber kaum möglich, wirklich nützliche Infos aus Genanalysen zu ziehen, geschweige denn daraus Ernährungsempfehlungen mit hohem Mehrwert abzuleiten.
2.6 Mikrobiom
Das Darmmikrobiom, also die Zusammensetzung und Vielfalt der Bakterien im Darm, stellt die letzte und höchste individuelle Komponente im Kontext von Ernährung und Gesundheit dar. Es gibt zahlreiche wissenschaftlich nachgewiesene Zusammenhänge zwischen Zusammensetzung und Vielfalt des Mikrobioms und verschiedenen Stoffwechselstörungen wie das metabolische Syndrom oder Diabetes mellitus Typ 2. Auch hier sind Wechselwirkungen zwischen Ernährung und Diversität des Darmmikrobioms nachgewiesen, so dass die Ernährung das individuelle Darmmikrobiom beeinflussen kann und umgekehrt. Leider sind auch hierzu bisher nicht wirklich viele Erkenntnisse für eine individuelle Ernährung anwendbar. Dennoch gibt es wirksame, allgemeine Empfehlungen.
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3. Die Digitalisierung als Chance für eine gesunde Ernährung
Früher musste man für klinische Messungen wie Blutbild, Blutzucker oder genetische Daten in die Arztpraxis oder ins Krankenhaus gehen. Durch die Digitalisierung und die Entwicklung von smarten Technologien gibt es jetzt Messanwendungen, die jeder nutzen kann. Man kann sich zum Beispiel mit den verschiedensten Sensoren jederzeit tracken und Informationen über den eigenen Körper erhalten. Das ist zwar sehr praktisch, dennoch wissen einige nicht, was sie mit den ganzen Informationen anfangen sollen, was davon wirklich relevant ist und wie sie dann weiter vorgehen können.
Das Problem ist, dass die Körpermessungen oft nicht mit fundiertem Ernährungswissen verbunden sind. Das führt dazu, dass trotz technischer Fortschritte das Auftreten ernährungsbedingter Erkrankungen immer weiter zunimmt. Obwohl allgemeine Ernährungsempfehlungen seit Jahrzehnten bekannt sind, haben viele Menschen Schwierigkeiten, sich gesund zu ernähren und ihre Gesundheitsprobleme in den Griff zu bekommen. Technologischer Fortschritt allein kann also bis jetzt offenbar nur unterstützend und dann auch nur vereinzelt Personen helfen.
Doch es gibt auch positive Entwicklungen: Mit massentauglichen Technologien wie Smartwatches oder Fitnessarmbändern lassen sich immer mehr Daten des Körpers in Echtzeit erfassen. Diese Daten können dann genutzt werden, um personalisierte Ernährungspläne zu erstellen, die dann wiederum die Gesundheit erhalten bzw. verbessern können. Allerdings müssen die Körpermessungen mit fundiertem Ernährungswissen verknüpft werden, damit man auch wirklich davon profitieren kann.
4. Welche personalisierten Produkte gibt es und was können sie?
Die Forschungsgruppe Personalisierte Ernährung der DHBW Heilbronn hat sich zum Ziel gesetzt, den Markt der digitalen Gesundheitsprodukte genauer zu untersuchen. Insgesamt wurden 36 Produkte in drei Kategorien unterteilt: Kaufberatung (z.B. Zusatzinfos zu bestimmten Produkten im Supermarkt), personalisierte Lebensmittel und Nahrungsergänzungsmittel sowie personalisierte Ernährungskonzepte.
Sie fanden, dass personalisierte Ernährung einen großen Beitrag zur nachhaltigen Verbesserung des individuellen Gesundheitszustands und Wohlbefindens leisten kann. Allerdings werfen die aktuellen Marktentwicklungen viele Fragen auf, insbesondere in Bezug auf die Berücksichtigung eines ganzheitlichen Ansatzes sowie die Vielfalt der integrierten individuellen Parameter.
Die Analyse der Produkte zeigt, dass der überwiegende Teil (82 %) nahezu ausschließlich persönliche Daten berücksichtigt, während bspw. anthropometrische Daten und klinische Parameter weniger häufig einbezogen werden. Nur 12 % der Produkte berücksichtigen Mikrobiom-Analysen und Parameter aus Analysen des Metaboloms und Daten epigenetischer Faktoren werden von keinem der Angebote untersucht. Gut, dazu muss man sagen, dass die Datenlage auch sehr dünn in Bezug auf sinnvoll ableitbare Ernährungsempfehlungen ist.
5. Personalisierte Ernährung: Mehr als nur eine Trenderscheinung!
Eine gesunde Ernährung ist für viele Menschen ein wichtiges Thema, doch häufig fehlt es an der notwendigen Ernährungskompetenz. Personalisierte Ernährung kann hier eine Chance bieten, die individuelle Ernährungskompetenz zu verbessern. Dabei wird der Mensch ganzheitlich betrachtet und es werden Apps genutzt, um personalisierte Empfehlungen in den Bereichen Kaufberatung, personalisierte Lebensmittel und Nahrungsergänzungsmittel zu geben.
Eine wichtige Voraussetzung für eine langfristige gesundheitsorientierte Verhaltensänderung ist die Erfassung vielfältiger Parameter wie anthropometrischer, klinischer, genetischer und weiterer Parameter als fundierte Grundlage individueller Empfehlungen. Hier können neue Technologien helfen, die Gesamtheit der Daten zu erfassen, zu kombinieren und Empfehlungen auszusprechen. Es wäre dann sogar denkbar, diese Empfehlungen in Echtzeit auszusprechen.
Einfache Hilfestellungen im Alltag sind besonders wichtig, da das individuelle Verhalten maßgeblich über das Ergebnis entscheidet. Hier können personalisierte Empfehlungen eine bedarfsorientierte, praktische und einfache Hilfestellung für die Umsetzung der Empfehlungen im Alltag bieten.
6. Fazit: Individuelle Beratung bleibt entscheidend!
Nicht zuletzt bietet die persönliche Interaktion zwischen geschulten und erfahrenen Ernährungsfachkräften und dem Kunden aber einen entscheidenden Vorteil: eine individuelle und auf den Kunden zugeschnittene Beratung. Während digitale Produkte auf allgemeine Daten und Informationen zurückgreifen, können qualifizierte Ernährungsberater*innen auf die individuellen Bedürfnisse, Vorlieben und Ziele des Kunden eingehen und dementsprechend maßgeschneiderte Empfehlungen aussprechen. Zudem können sie den Kunden bei der Umsetzung der Empfehlungen begleiten und bei auftretenden Schwierigkeiten unterstützen. Die Kombination aus digitalen Produkten und persönlicher Beratung wird also idealerweise zusammen genutzt und kann so zu einer nachhaltigen Verbesserung der Ernährungsgewohnheiten führen.